Schauspiel-Premiere Blackbird

Montag, 30. Mai 2011

In den Feuilletons drehte sich am Wochenende alles um das großartig gelungene Regie-Debüt von Sabrina Linda Riedel am Landestheater Linz. Die junge Regisseurin hatte sich für ihren Einstand keine leichte Aufgabe gestellt: Blackbird von David Harrower ist ein packendes Psycho-Duell zwischen der jungen Frau Una und dem in die Jahre gekommenen Ray, die sich gegenseitig mit ihrer subjektiven Sicht der Vergangenheit konfrontieren. Vor 16 Jahren war Una 12 und Ray 38 – und sie hatten ein Verhältnis. Oder war es doch Kindesmissbrauch? Oder etwa Liebe? Unmöglich ein Urteil zu fällen, unmöglich davon kalt gelassen zu werden.

So sieht das auch die heimische Presse und schreibt:

„Regisseurin Sabrina Linda Riedel zeigt viel Gespür bei dieser heiklen Thematik, keine Sekunde kommt Peinlichkeit auf, sie wägt perfekt Sprechgeschwindigkeit und Bewegungen ab, Jenny Weichert zeigt eine großartige, berührende, intensive Darstellung dieser Frau zwischen Wut, Verzweilfung, Nachsicht, Rache und ja, auch Liebe. Joachim Rathke ist der Verlegene, Unsichere, der glaubte, dieses Lebenskapitel abgeschlossen zu haben. Ein intensiver Theaterabend.“ (Silvia Nagl, OÖN)

Andreas Hutter vom neuen Volksblatt lobt bereits im Vorspann „ein eindringlich dargebotenes Kammerspiel des Schotten David Harrower, im Linzer Eisenhand". Auch optisch zeigte er sich sehr zufrieden: Ilona Ágnes Tömö habe „ein authentisches, schmuddeliges Firmen-Hinterzimmer in das Einheitsbühnenbild der Eisenhand gebaut (eine gelungene, willkommene Abwechslung!)."
Letzte Worte: „Ein vielschichtiges, intensives Kammerspiel, dessen fintenreiche Handlung etliche Volten schlägt und Überraschungen bereithält. Vollkommen berechtigter starker Schlussapplaus.“

Milli Hornegger von der OÖ Krone konstatiert, der starke Text trage "zwei starke Schauspieler-Persönlichkeiten durch einen dichten Abend". Dies sei "auch ein Verdienst der blutjungen Regisseurin Sabrina Linda Riedel", die ein stabiles Gleichgewicht schrecklicher Erinnerungen in Szene setzte. Die Schauspieler sind für Frau Hornegger "ein heftig anrührendes Doppel". Das Fazit - mit dem wir voll und ganz d'accord gehen - lautet: "Grandiose Premiere"

Stückinfo & Termine

Opern-Premiere Il Trovatore

Dienstag, 17. Mai 2011

Es gibt tatsächlich einfacher gestrickte Opern. Mit klarem Handlungsverlauf, einleuchtendem Plot... Dennoch zählt  Il Trovatore zu den beliebtesten Opern Giuseppe Verdis. Warum, das lässt sich derzeit am Landestheater Linz in der Inszenierung Andreas Baeslers nachvollziehen. Von der trauten Presse-Elite wurde die Premiere am Samstag, 14. Mai sogleich in den Feuilletons verewigt:

Norbert Trawöger von der OÖ Krone, übrigens selbst Musiker, trifft den Nagel auf den Kopf: „ein formidables Sängerteam, ein exzellenter Chor, das Bruckner Orchester wohl disponiert“. Und weiter schwelgt er „Sängerisch beweg sich hier ausnahmslos alles auf sehr ansprechendem Niveau, ob Larissa Schmidt als exaltiert innige Azucena oder Irina Rindzuner als hingebungsbereite Leonora.“ Bei den Herren nennt er Alik Abdukayumov einen „eindringlich“ und einen „veritablen Conte di Luna“ und der Troubadour höchstpersönlich, Pedro Velázquez Díaz, führe seine Stimme „auch in eine süße Kantabilität“. Der Maestro Dante Anzolini modellierte die Oper übrigens laut Trawöger „in atmender und durchsichtig schwingender Agogik“. - Keine Sorge, das zu verstehen gehört nicht zur Allgemeinbildung nach PISA. Agogik bedeutet in der Musik soviel wie „die Kunst der Veränderung des Tempos im Rahmen eines musikalischen Vortrags“. – Also etwas Gutes! Diesem Wink mit dem Stab folgte das Bruckner Orchester indes „nuancenreich und beinahe immer bereit, die dynamisch Skala nach oben und unten auszuloten.“

Paul Stepanek aka pst! vom Neuen Volksblatt scheint ganz happy mit dem „ebenso stilsicheren wie praktibalen Bühnenbild von Hartmut Schörghofer“ gewesen zu sein. Der Rest als kurzer Rap: „ausgezeichnetes Stimmenpotenzial“, „heroischer Einsatz des Dirigenten“, „differenzierende Qualitäten präsentierte der Chor ... bestens einstudiert von Georg Leopold“. Larissa Schmidt bot „eine in ihrer Variabilität des Ausdrucks überzeugende Leistung“, „Rindzuner feierte ein eindrucksvolles Linz-Debüt“, „Der Troubadour Pedro Velázquez Díaz konnte mit der berühmten „Stretta“ punkten“. Fazit: „Eine gelungene Inszenierung“.

Der neue Merker online bringt die Stimmung rüber: „Fast eine Viertelstunde langer, lautstarker Applaus“. Im Detail vermerkte der Merker: Die Inszenierung sei „stringent und sängergerecht“ und halte – jetzt kommt’s – „die komplexen Handlungsfäden sehr verständlich zusammen“. Und Blumen für’s Ensemble. Iurie Ciobanu sei „für den Ruiz eine Luxusbesetzung“, ebenso Myung Joo Lee für Inez. Nikolai Galkin erledigte seinen Ferrando „stimmschön, wortdeutlich und mit der gebührenden Dramatik“. Larissa Schmidt stellte Azucena „mit großer Intensität und sehr schönen lyrischen Passagen“ dar. „Schlichtweg als großartig aber muss man die Leonora von Irina Rindzuner bezeichnen“.

Olé!

Stückinfo & Termine

Schauspiel-Premiere Die Ratten

Montag, 16. Mai 2011



Drogen, verwahrloste Kinder, Gewalt und Sex: Gerhart Hauptmann verfasste seinen naturalistischen Klassiker Die Ratten anno 1911.  Zappt man sich heute, exakt 100 Jahre danach, durch das nachmittägliche Fernsehprogramm und die Untiefen des „Unterschichtenfernsehens“ (Harald Schmidt), könnte man versucht sein zu glauben, der deutsche Schriftsteller habe für all diese Milieu-Stückeln namens Reality-TV Pate gestanden. Premiere der Neuinszenierung von Bernarda Horres in den Linzer Kammerspielen war am Freitag, 13. Mai.

Und das vermerkte die Presse:

Steffen Becker schreibt auf Nachtkritik.de „die Inszenierung kokettiert mit dem Unterschichten-Striptease, ohne allerdings in den Sozialporno abzudriften.“  Äußerst lobend erwähnt er „Katharina Hoffmann als kinderstehlende Jette John bewältigt diesen Drahtseilakt am besten.“ Von den Männer setzte auch „Sven-Christian Habich als Ex-Theaterintendant Harro Hassenreuther ein Glanzlicht“.

Silvia Nagl von den Oberösterreichischen Nachrichten hängt sich da gleich an. Sie attestiert Katharina Hofmann eine „souveräne Jette John“, die „zur Knöpferlharmonika poetische Momente“ singe.

Von Anja Jungheinrichs Handwerk „optisch fabelhaftes Einheitsbühnenbild“ zeigte sich Milli Hornegger in der OÖ Kronen Zeitung begeistert. Aus dem Ensemble hebt die Kritikerin „Katharina Hofmann als Übermutter John“ hervor. Respekt zollt sie auch Barbara Novotny als eine „von ihrem Unglück gepeinigte Pauline“, Sven-Christian Habich und Silvia Glogner steuern ihrer Meinung nach „kleine, routinierte Rollenstudien“ bei.

Stückinfo & Termine

Ein Arzt für Thomas Bernhard

Dienstag, 10. Mai 2011

Das Landestheater Linz hat zum nunmehr vierten Mal das Thomas Bernhard-Stipendium vergeben. Nach Christoph Nußbaumeder, Johanna Kaptein und Ursula Knoll fiel die Wahl in diesem Jahr auf Thomas Arzt (* 1983 in Schlierbach, Oberösterreich). Der 28-jährige Oberösterreicher konnte sich gegen 60 BewerberInnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz durchsetzen.

Der junge Schlierbacher beweist ein Gespür für Themen und Stoffe, die mit der Identität von jungen Menschen verbunden sind, und zeigt bereits am Anfang seiner Karriere ein großes sprachliches Potenzial. Als Jungdramatiker mit Verantwortung für ein junges Publikum will sich Arzt deshalb aber nicht betiteln lassen: „Ich identifiziere mich nicht über Generationen, ich stehe eher für jemanden, der vom Land kommt“, so der Bernhard-Stipendiat in einem Zeitungsinterview.

Thomas Arzt studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Germanistik, Philosophie und Psychologie an der Universität Wien und war Gasthörer an der Hochschule für Film und Fernsehen München. In der Spielzeit 2007/08 wurde er zum Autorenförderprogramm stück/für/stück an das Schauspielhaus Wien eingeladen. Sein in diesem Rahmen entstandenes Stück Grillenparz wurde mit dem von der Literar-Mechana gestifteten Hans-Gratzer-Stipendium ausgezeichnet und im April 2011 am Schauspielhaus Wien uraufgeführt. 2009 erhielt er das Stipendium der Literar-Mechana und 2010 das Dramatikerstipendium der Stadt Wien. Ebenfalls 2010 wurde er zum Dramatikerworkshop des Stückemarkts des Theatertreffens bei den Berliner Festspielen eingeladen.

„Das Theater soll ein Ort sein, wo ein Aufbruch passiert, wo man Lust kriegt zu handeln, es soll politisch Mut machen.“ Außerdem sei jeder Theatervorgang per se politisch findet der junge Autor. „Einfach so Theater machen, das fänd ich feig.“ Derzeit arbeitet Thomas Arzt an einem Stück zum Thema Migration.
Ab Herbst 2011 wird Thomas Arzt in enger Anbindung an das Landestheater Linz an neuen Theaterstücken arbeiten.

Das Thomas Bernhard-Stipendium versteht sich als Förderung von Autorinnen und Autoren, die am Anfang ihrer literarischen Laufbahn stehen. Es bietet die Möglichkeit, finanziell unabhängig während eines dreimonatigen Aufenthalts in Linz – in möglicher Anbindung an das Landestheater – eigene dramatische Texte zu erarbeiten beziehungsweise daran weiterzuarbeiten. Das Stipendium ist mit 5.500 Euro dotiert.